Die Speisekarte – Schaufenster jeden Wirts

 

Teil Drei unserer Artikelserie zum Thema Regionalität. Ein Plädoyer für die alpine Küche

Speisekarten sind ein Marketing-Tool ohnegleichen. Nicht nur um „zu verkaufen“, sondern um als Gastwirtschaft, Restaurant, Gastronomiebetrieb ein bestimmtes Image zu vermitteln und zu positionieren. Will man sich als Tiroler Gastwirtschaft darstellen, ist Bezugnahme auf die Region, die engere Heimat wichtig, ebenso wie die Tradition.

Man braucht sich nicht dafür zu schämen, wie die Gastwirtschaft vor 50 oder 60 Jahren ausgeschaut hat. Oder für Bilder aus der Küche, auf denen vielleicht die Eltern mit Schurz und Kopftuch zu sehen sind.  Man braucht sich der Wurzeln nie zu schämen. Im Gegenteil: Nur wer weiß, woher er kommt, kann auch seinen Weg in die Zukunft gestalten. Angelus Silesius, der Dichter aus dem Mittelalter, hat dies mit nachsehenden Sätzen beschrieben: „Ich bin, ich weiß nicht wer, ich komme, ich weiß nicht woher, ich gehe, ich weiß nicht wohin, mich wundert, daß ich so fröhlich bin.“

Die eigene Beziehung zur Region spiegelt sich auch in der Speisekarte. Es ist nicht notwendig, dem Gast eine sechsseitige Speisekarte vorzulegen mit Speisen, die ich überall bekommen kann. Cevapcici, Wiener Schnitzel, Züricher Geschnetzeltes, Filet, Beef Stroganoff, oder Spaghetti mit Bologneser Sauce schmecken am Ursprungsort besser – die zwar standardisierten Nudeln der Marke B… sind ja nur eine Komponente. Das Wasser, die Art des Kochens, das Salz, der Sugo – all das bestimmt den Geschmack.

Die alpine Küche war in unserer Region niemals üppig. Geprägt von vielen Getreideprodukten, Kartoffeln und wenig Fleisch, mancher Süßspeise als Hauptmahlzeit. Das kann man beschreiben. Man kann Einblick geben in das Leben von früher .

Die Speisen aus der Region sollten in der Speisekarte zuallererst stehen. Man braucht sich nicht zu verstecken mit den verschiedenen Nocken, den Knödeln, den Schlutzern und Schlipfkrapfen, dem Lammbratl mit den regional produzierten Bratkartoffeln (und nicht den industriell gefertigten Pommes Frittes), dem Krautsalat mit Speckwürfeln, dem Kaiserschmarrn oder dem süßen Mus.

Marketing ist zu 90% ein Geschichten-Erzählen: Wo stammt die Speise her, woraus besteht sie, wie wird sie gekocht, woher stammt der Name? Regionalität bedeutet also auch Lust machen auf die Region – über das Essen und die Geschichten drum herum.

Der Gast aus Italien – dem man diese Geschichten in seiner Sprache erzählen muss (!) – wird sich dadurch besser an die Region erinnern als wenn er – in seinen Augen – entsetzliche Pasta oder ein international standardisiertes Gericht serviert bekommt.  Wirte sollten stolz auf die Region sein und dies in der Speisekarte zeigen.