Ist “regional” das neue “Bio”?

Gedanken zu Regionalität, Qualität und Zuverlässigkeit

 

Regionalität schlägt Bio, liest man. Was ist aber Regionalität? Während der Begriff „Bio“ definiert, gesetzlich geregelt und die Einhaltung der Regeln kontrolliert wird, werden die Begriffe „Regionalität“, regionale Qualität, regionales Produkt so unbedacht verwendet, wie das Wort “innovativ”. Auch mit innovativ wird alles bedacht, was irgendwie neu ist, und sei es nur die Farbe der Verpackung, der Verschluss einer Flasche ohne Funktionsverbesserung, das Etikett. Mit „regional“ ist es ähnlich: In unserer globalen Welt wird die Rückbesinnung auf Heimat zum Marketing-Tool.

Selten findet man den Versuch, Regionalität zu definieren. Manche Firmen verbinden Regionalität mit weniger aufwändigem Transport, naturnaher Produktion, Integration der lokalen Landwirtschaft in den Wirtschaftskreislauf, auf Tradition beruhenden Produkten oder Herstell-Verfahren. Regeln dazu, wie weit im Umkreis der Transport noch „regional“ ist, gibt es quasi nicht. Bei meiner Recherche bin ich lediglich auf eine einzige Lebensmittelkette gestoßen, die 70 km im Umkreis als regional definiert. Darüber hinaus wird entweder gar nichts angegeben, die Region „gestreckt“ oder die traditionellen Produkte und Herstellungsverfahren „industrialisiert“.

Regionalität als „Markenzeichen“ soll dabei nicht nur dem Konsumenten Sicherheit geben, ein ehrliches Produkt zu erwerben, das ökologisch sinnvoll erstellt oder hergestellt wurde, sondern hat auch volkswirtschaftliche Bedeutung: Es stärkt den regionalen Wirtschaftskreislauf, stärkt die Wertschöpfung in der Region, wobei diese in der Region verbleibt. Regionalität stärkt damit auch die  Identität.

Regional Wirtschaften bedeutet aber auch Kooperation: Gastronomie und Gesellschaft müssen mit Landwirtschaft und Handwerk kooperieren, sich gegenseitig befruchten. Das rein Ökonomische – der Preis – muss, in engen Grenzen zwar, nicht unbedingt die wichtigste Rolle spielen. Denn die Qualität, das Unverfälschte, das Ehrliche im Produkt stehen im Vordergrund. Dabei dürfen aber die Landwirtschaft oder das Handwerk sich nicht in einem Schutzraum des Regionalen wähnen: Der globale Markt wirkt immer als Korrektur, als Benchmark – das Regionale ist ein ökonomisch-ökologisches Plus als USP.

Was bei aller Liebe zu Regionalität nicht auf der Strecke bleiben darf, ist Qualität und Zuverlässigkeit der Lieferung. Manch regionale Betriebe haben die Unart, in Zeiten der touristischen Hochsaison die treuen Abnehmer der Restzeiten im Jahr, nicht mehr oder geringer zu beliefern. Und zwar deshalb, weil ein Großkunde vor Ort ihm alles abnimmt und vielleicht 3 Euro-Cent pro Stück mehr zahlt.

Auch Liefertreue und Kundenorientierung sollten zur Identität des Regionalen zählen.