Seit Mitte Dezember darf Osttirol das neu geschaffene MINT-Regionen-Qualitätslabel tragen. Damit gehört der Bezirk Lienz zu einer von nur 14 österreichischen Regionen, die sich der intensiven Nachwuchsförderung in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, kurz MINT, verschrieben haben. Doch das ist erst der Anfang.

v.l. Jakob Calice (Agentur für Bildung und Internationalisierung), Manuela Gritzer (Projektverantwortliche INNOS GmbH), Anja Kofler (Leiterin Stadtbücherei Lienz), Barbara Weitgruber (Sektionschefin BMBWF). Fotos: © aws Wien.

Osttirol ist nun offiziell eine von 14 MINT-Regionen in Österreich. „Die Auszeichnung mit dem MINT-Regionen-Qualitätslabel* unterstreicht unser gemeinsames Engagement für eine zukunftsorientierte MINT-Bildung. Durch diese Initiative stärken wir nicht nur lokale Gemeinschaften, sondern legen auch den Grundstein für Innovation und eine wettbewerbsfähige Gesellschaft“, hob Martin Polaschek, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, im Zuge der Verleihung im Haus der Industrie in Wien hervor. Bis 2030 soll gemäß der FTI-Strategie des Bundes österreichweit die Zahl der MINT-Graduierten um 20 Prozent und der Frauenanteil in technischen Berufen um fünf Prozent gesteigert werden. „In ausgezeichneten MINT-Regionen kommen junge Menschen kontinuierlich mit Naturwissenschaften und Technik in Kontakt. MINT-Kompetenzen ziehen sich so wie ein roter Faden durch ihre Bildungslaufbahn vom Kindergarten bis zum Beruf“, meinte Georg Knill, der Präsident der Industriellenvereinigung, im Vorfeld der Verleihung. „Wir dürfen auf die Hälfte unseres Know-hows nicht vergessen und müssen Mädchen und Frauen verstärkt zeigen, wie spannend Technik ist“, so Therese Niss, Initiatorin und Vorstand der MINTality Stiftung, die als Partner für den Mädchenfokus dabei ist.

Technik in der DNA

Es kommt nicht von ungefähr, dass der Bezirk Lienz von Beginn an in dieser Riege der MINT-Regionen dabei ist. Das hat viel mit Weitsicht und harter Arbeit in der Region zu tun, die ihre Augen schon früh auf diese Themen, deren Bedeutung für die Zukunft gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können, fokussiert hat. Bereits 2005 hat die WK Lienz in einem Positionspapier Mechatronik, Holz und Tourismus in Verbindung mit Natur und Gesundheit als Osttiroler Stärkefelder definiert. Das spiegelt sich auch in den Leitbildern 2015, 2019 und 2022 wider. Für die Region wichtige strategische Projekte sind derzeit im Themendreieck Mensch – Technik – Natur angesiedelt. Das bedeutet, dass technische Entwicklungen den Menschen dienen und die Besonderheit der alpinen Natur- und Kulturlandschaft berücksichtigen sollen. „Wir arbeiten gemeinsam daran, Osttirol als inspirierte und inspirierende MINT-Region zu etablieren, in der jeder die Möglichkeit hat, seine Interessen im MINT-Bereich zu verfolgen, unabhängig von Geschlecht, Alter, sozialem Hintergrund und Herkunft“, gibt Projektleiterin Manuela Gritzer von der INNOS-GmbH die maximal inklusive Marschrichtung vor. „Der so vielfältige MINT-Bereich soll für alle erlebbar gemacht werden. In Osttirol wurde schon früher das Althergebrachte mit dem Modernen und Innovativen verwoben. Technisches Verständnis, Improvisationstalent und Erfindungsreichtum sind Teil unserer DNA. Diesen Geist wollen wir weitergeben und auf den MINT-Bereich übertragen“, sagt Anja Kofler (Leiterin der Stadtbücherei Lienz).

MINTeinander zusammenwachsen

Die MINT-Region Osttirol, deren Koordination der INNOS GmbH obliegt, wird von zahlreichen Schultern getragen. Darunter Schulen, von der Volksschule über höhere Schulen bis hin zur Fachberufsschule, sowie zahlreiche Unternehmen, Vereine und Institutionen. Insgesamt haben sich bis dato 37 Netzwerkpartner zusammengeschlossen, um eine aktive Rolle in der MINT-Region zu spielen und diese miteinander in enger werdender Abstimmung voranzubringen. „Das Thema MINT begreifen wir als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die bereits in der Elementarpädagogik und in den Schulen bis hin zur Wissenschaft ansetzen soll und sich in die Osttiroler Wirtschaft hinein fortpflanzen soll“, sagt INNOS-Geschäftsführer Reinhard Lobenwein. Die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Fachkräfte war schon bislang ein Asset des Osttiroler Arbeitsmarktes, das bei Betriebsansiedlungen in der Vergangenheit den Ausschlag für den Bezirk gegeben hat. „Osttirol ist sich des Wertes seiner talentierten jungen Menschen bewusst. Wir fördern Begabungen individuell und bieten Raum für bestmögliche Entwicklung“, heißt es im Zukunftsbild Osttirol 2025. Das ist kein Lippenbekenntnis, sondern ein Versprechen, das immer weiter mit Leben gefüllt werden soll. Davon zeugen exemplarisch MINT-Initativen wie das MINT-Festival, der Verein Industrie 4.0 Osttirol, der Verein Industrial Mechatronics, der Verein N’Cyan, die INNOS GmbH und der Nationalpark Hohe Tauern.

Mit dem von der Stadtbücherei Lienz bzw. dem Verein Biblios unter Federführung von Anja Kofler initiierten und mit dem Tiroler Bildungsinnovationspreis ausgezeichneten MINT-Festival verfügt der Bezirk außerdem seit zwei Jahren über ein hochkarätiges Leuchtturmprojekt in der Wissensvermittlung rund um die vielseitige Welt der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es soll allen Wissbegierigen unabhängig vom Alter ermöglichen, in neue Welten einzutauchen, Neues zu lernen und vermeintlich Altbekanntes aus neuen Perspektiven zu betrachten.

v.l. Reinhard Lobenwein (GF INNOS), Johanna Schachner (INNOS), Anja Kofler (Stadtbücherei Lienz) Manuela Gritzer (INNOS), Tamara Gander (INNOS). Fotos: © aws Wien.

Ziele und Projekte

Die frisch zertifizierte MINT-Region wird sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Vielmehr sollen zukünftig regionale Netzwerke intensiviert und besser begleitet werden, damit weiterhin innovative MINT-Projekte in der Region umgesetzt werden können. Zudem sollen neue Bildungsangebote entstehen und eine Transferstelle zur Erschließung von F&E-Netzwerken in der Region eingerichtet werden und nicht zuletzt soll das MINT-Angebot im Bezirk strukturiert und abgestimmt sichtbar gemacht werden. Das schließt den Blick über den Tellerrand ein. So soll es einen Austausch mit anderen MINT-Regionen geben, damit man von den Erfahrungen anderer lernen kann.

In den kommenden drei Jahren sind mehrere konkrete Projekte in Planung, darunter MINT-Workshops mit Schüler*innen bei MICADO in Oberlienz, die Berufsakademie der Wirtschaftskammer mit Qualifizierungsmaßnahmen für junge Facharbeiter*innen sowie das Projekt Innovation und Karriere der INNOS, mit dem versteckte Arbeitskräftepotenziale in der Region gehoben werden sollen. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, müssen die zahlreichen bestehenden Initiativen besser aufeinander abgestimmt werden. Ein Fragezeichen steht derweil über dem Campus Technik Lienz, der als Schnittstelle zwischen (Aus)bildung und Wirtschaft fungieren könnte und – den politischen Willen und das fachliche Know How vorausgesetzt – attraktive akademische Angebote im MINT-Bereich machen könnte, die das schulische Angebot auch im Hochschulsektor abrunden. „MINT-Kompetenzen sind Zukunftskompetenzen, gut ausgebildeter Nachwuchs ist eine Grundvoraussetzung für eine innovationsstarke Gesellschaft. Wir wollen alle Altersgruppen erreichen und Zugang zu MINT-Themen zur Selbstverständlichkeit werden lassen“, so René Schmidpeter Vorsitzender des INNOS Beirates. In der frisch zertifizierten MINT-Region Osttirol wird, wie man bei der Verleihung des Qualitätslabels verschiedentlich hörte, zukünftig verstärkt Wert auf ein gutes MINTeinander gelegt.

* Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) hat gemeinsam mit dem Austria Wirtschaftsservice (aws) und den Kooperationspartnern Industriellenvereinigung, MINTality Stiftung sowie Österreichs Bildungsagentur OeAD am 11. Dezember erstmals das MINT-Regionen Qualitätslabel vergeben.